Portrait

Vita


1966 in Cottbus geboren
1991-1998 Grafik-Design-Studium an der FH-Hildesheim/Holzminden (Schwerpunkt: Aktzeichnen, Druckgrafik, Kalligrafie u. Typdesign)
1998 Diplom, anschließend ein Vertiefungssemester im Fach Kalligrafie (Experimentelle Bildgestaltung)
seit  1999 als Künstlerin und Grafik-Designerin, freischaffend tätig
seit  2016 KUNSTgeragogin (Zertifikat)
seit  2006 wohnhaft im Breisgau

1996 -2011 Mitglied der Gruppe 26 (Verein für Kalligrafie und experimentelle Schriftgestaltung)
seit  2003 Mitglied im Bund Bildender Künstler Hildesheim und seit 2008 im BBK Südbaden
seit  2007 Mitglied der GEDOK-Freiburg
seit  2016 Mitglied im Fachverband Kunst- und Kulturgeragogik e.V.

Einzelausstellungen / Auswahl


Einzelausstellungen/ Artist in residence (Auswahl)

2022  "Timbre", Kreuzkirche und Pfarramt der Pfarrgemeinde Freiburg West
2022  „Artist in residence“ beim Görwihler Kultursommer ((Kapelle Hl. Antonius (Rickenbach-Glashütten), Kapelle Hl. Fridolin von Säckingen (Görwihl-Rotzingen), Pfarrheim St. Zeno (Herrischried))
2022   „Artist in residence“, Cill Rialaig, Bellinskelligs, Irland
2021  "was bleibt?", Galerie im StammelbachSpeicher Hildesheim
2020  "Zeichenspuren", gemeinsam mit Jan Douma, (Kulturmühle, Rechberghausen)
2016  "Resonanzen", Kunstverein Schallstadt
2016  Forum 3 (Stuttgart)
2015  Galerie ARTRAUM Bachstein (Freiburg)
2015  Stimmpunkt (Freiburg)
2013  Galerie - Haus 23, gemeinsam mit Dorothee Pfeifer, (Cottbus)
2009  "Spurensicherung", Küntlerhaus mit Galerie (Göttingen)
2009  Überregio 15, GEDOK, Landratsamt (Freiburg)
2009  "Alles hat seine Zeit", Kunstverein March
2011  Tuschezeichnung und Malerei, Stimmpunkt (Freiburg)
2010  „Spurensicherung“, Kunst in der Villa (Waldshut-Tiengen)
2007  Verlagsgruppe Jüthig-Jehle-Rehm (Heidelberg)
2007  Galerie - Haus 23 (Cottbus)
2005  Sparkasse Hildesheim
2005  Galerie im Speicher (Hildesheim)
2004  St. Marienkirche (Beeskow)
2003  Evangelisches Zentrum Cottbus
2002  „Artist in residence“ bei den Fredener Musiktagen
2000  Stadttheather Hildesheim
2000  OKS-Galerie (Braunschweig)
1999  Galerie - Haus 23 (Cottbus)

Ausstellungsbeteiligungen / Auswahl



Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)

2023  "Kunst & Literatur", Marie Lusise Kaschnitz Beschreibung eines Dorfes, BBK (juriert), T66 Freiburg
2022  Kultufestival 2022 der Kreativpioniere im „Schopf 2“ Freiburg, (juriert)
2022  Donaueschinger Regionale, Donauhallen Donaueschingen, (juriert)
2022  ZEIT ZU SEHEN, (Einladung), Karl-Rahner-Haus, (Freiburg)
2020  "FrauenGestalten", GEDOK Freiburg, (juriert), Karl-Rahner-Haus, (Freiburg)
2019  Donaueschinger Regionale, (juriert), (Donaueschingen)
2019  8. Künstlermesse Baden-Württembern, BBK (juriert), (Stuttgart)
2018/2019  "100 Jahre Frauenwahlrecht", Plakataktion/Wanderausstellung der GEDOK Freiburg, (juriert), (Freiburg, Rheinfelden, Offenburg, Potsdam)
2018  GEDOK Kunstpreis II, 2018, Ausstellung der Finalistinnen, Elisabeth-Schneider-Stiftung, Freiburg (nominiert)
2017  7. Künstlermesse Baden-Würtemberg, BBK (juriert), (Stuttgart)
2016  KunstForumEifel (juriert), (Schleiden-Gemünd)
2015  25. Kunstmesse im Frauenmuseum, (juriert), (Bonn)
2015  Kunst in der Villa (Waldshut-Thiengen)
2015  6. Künstlermesse Baden-Würtemberg, BBK (juriert), (Stuttgart)
2014  KUNST-STOFF-WECHSEL, GEDOK (juriert), Karl- Rahner-Haus (Freiburg)
2011  ARTgerecht-Positionen 3, GEDOK (juriert) , Amtsgericht (Freiburg)
2009  “art.in.progress” Ankäufe der Weinhagenstiftung vom BBK Hildesheim 1946 - 2008, Römer-und Pälizäus-Museum (Hildesheim)
2009  27. Kreiskunstausstellung, Landratsamt (Freiburg)
2009  "Privatsammlung", GEDOK, Amtsgericht (Freiburg)
2009  KUNSTwandel (Rheden)
2009  "Nur Papier", GEDOK (juriert), Galerie Radbrunnen (Breisach)
2009  GEDOK Kunstmesse (Karlsruhe)
2008  ELBENEUN, Haus 23 (Cottbus) mit Mona Höke, Detlev Dilk, Birgit Dworak, Hans Scheuerecker, Alexander Janetzko, Joe Kammer, Willi Selmer, Matthias Körner
2006  Kunstgalerie Villa Kobe, anläßlich der 1200 Jahrfeier Halle 2003-07 Jahresausstellungungen des BBK (Hildesheim)
2004  OKS-Galerie (Braunschweig) 2004 Galerie Obornik (Hildesheim)
2004  14. Kunstmesse im Frauenmuseum, (juriert), (Bonn)
2002  Galerie Obornik (Hildesheim) 2003 Typo-Berlin mit der Gruppe 26
2002  Hansetage (Brügge/ Belgien), delegiert v. der Stadt Hildesheim
2002  St. Jakobikirche Hildesheim, Gruppe 26
2001  Cultureel Centrum De Markthallen (Herk-de- Stadt/ Belgien)
2000  Kunst im Stall (Rheden)
7-12/2000 „Werkstatt für Schriftkunst“ (Hildesheim) mit Brigitte Schrader und Carola Sender
2000  Rokkoko-Pavillion Stöckheim (Braunschweig), Gruppe 26
2000  Typo-Media in Mainz mit der Gruppe 26
1998  Zwölf-Apostelkirche (Hildesheim) mit der Gruppe 26
1996  Gründungsausstellung der Gruppe 26 OKS-Galerie (Braunschweig)
 
Kunst im öffentlichen Raum / Sammlungen

Weinhagen-Stiftung Hildesheim
Sparkasse Hildesheim
Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald
Sparkasse Cottbus
Kreiskrankenhaus Alfeld

Presse & Texte


 

 

Rede von Stefan Skowron anläßlich der Ausstellung "was bleibt"


Die VORAUSSETZUNG. Die Sprache für die Kunstbetrachtung ist bekanntlich eine, die nicht genuin ist. Sie ist entlehnt. Zusammengeklaubt. Sie entspricht unseren Worten für den Alltag, für die Musik, für die Architektur. Wir sprechen von Landschaften – Farblandschaften – und Tönen – Farbtönen – und Räumen – Farbräumen.
Wir betrachten Kompositionen, ohne dass wir sie hören könnten. Wir empfinden Klänge, sehen Rhythmen bis hin zum Staccato, aber die versetzen uns nicht in Bewegung. Oder das zumindest eher selten.
Wenn wir Bilder betrachten und dann darüber, was wir sehen, zu erkennen glauben, sprechen wollen, kann es also zugleich leicht und schwer sein, Worte zu finden. Die richtigen Worte. Denn es gilt, was Botho Strauß in seinem Buch „Oniritti Höhlenbilder“ schreibt:
„Die meisten Fehler, die wir beim Auffassen von Welt, von Leben, von uns selbst begehen, beruhen auf falschen Metaphern, falschen Vergleichen, falschem bildlichen Denken.“1
Das ist die Voraussetzung, unter der ich – vielleicht wir alle – die Betrachtung der Arbeiten von Simone Rosenow beginnen. Angesichts der Bilder suchen wir nach Worten, Vergleichen, anderen Bildern, nach Erinnerungen und Metaphern, nur um uns zu beschreiben, was auf den Bildern ist, was darin passiert und was die Bilder mit uns machen.

Das ERLEBEN. Der erste mir deutlich werdende Eindruck ist der von Geschwindigkeit. Nicht im Sinne einer irgendwie gerichteten Bewegung. [Auch nicht da, wo sich mal ein Pfeil zeigt.] Es ist weder ein Fortgehen noch ein Herkommen. Das was ich meine hat eher mit dem Tempo zu tun, das man körperlich spüren kann, wenn man sich in einen starken Wind stellt. Dann bewegt man selbst sich nicht doch man spürt, wie alles um einen herum unruhig ist, tobt.
Dieser Eindruck ist meine Beschreibung der Manier, wie Simone Rosenow im Ergebnis einer lange währenden Auseinandersetzung mit dem Medium die Farbe zu setzen vermag: als unvermittelt aufblühende, manchmal explodierende, sich auf großen Flächen und in kleinen Räumen behauptende, Felder. Farbfelder, deren Formen sich fortwährend zu verändern scheinen – was sie nicht tun, die sich über die Gevierte der verschiedenen Malgründe hinwegbewegen und diese immer wieder in neuen Formationen besetzen – was sie nicht können. Und die sich vor unseren Augen auflösen – was für eine gewöhnlichere – andere – Malerei suizidal wäre.
Nichts an diesen Bildern ist statisch, angelegt, nichts ist gebaut. Aufgebaut, wie man früher Bilder vom Grund her aufbaute, indem jede Ebene, jede Form zur Bedingung der ihr folgenden wurde. Trotzdem [er]scheint kein Farbfeld am falschen Platz. Sei dies auch noch so offen und fragil, so transparent wie irgend möglich gehalten; oder schiene schier zu zerfließen. Vergleiche mit landschaftlichen Formationen sind deshalb für mich wenig überzeugend. Am Ehesten noch bei einer Reihe kleiner Zeichnungen, den Präludien. Aber das liegt vornehmlich am Format. Doch eine Landschaft im Sinne eines kulturgeschaffenen Raumes, gar Architektur, ist in keiner der Malereien von Simone Rosenow unbewusst gezeigt noch absichtsvoll versteckt. Das wäre dann doch zu einfach, zu schnell erreichbar für die Malerin, denke ich. Und wäre zu kurz gedacht von mir.
Komplizierter, was meint für mich weniger deutlich identifizierbar war die Handhabung der Linie. Ich weiß, Simone Rosenow kann Kalligraphie. Das hat sie hier, in Hildesheim, gelernt, studiert. Aber es mag nach Intuition klingen, vielleicht sogar nach Zufall, wenn ich vor diesen Bildern einfach behauptete, keine Linie verirrt sich.

Ich spräche auch viel lieber vom Verstehen, wie die Dinge [in] der Welt funktionieren; wie sich Leben lebt. Zufälle sind ungeeignet, ein Ganzes zu schaffen, zu sein. Zufälle sind nur Teile, Teilchen im Ablauf des Lebens, von denen wir glauben wollen, sie seien lebensbestimmend, was sie aber nicht sein können. Das Leben ist bestimmt. Ein Zufall ändert nichts. Er macht es höchstens etwas salziger.
Wenn ich daher sage, keine Linie verirrt sich, will dies im übertragenen wie im wortwörtlichen Sinne verstanden sein.
Da gibt es die breiten, farbigen Linien, die oft eher unvermittelt aus den Malgründen treten und, mal raumgreifend, mal verdichtet, das Geviert besetzen, es einnehmen, beleben. Diese, aus der Hand laufenden, schon aus früheren Bildern bekannten und von mir geschätzten Linien sind sehr präsent. Und nicht sie sind es, die zu entschlüsseln kompliziert ist. Es sind die zarten, ganz leichten Linien, die sich in die Flächen und Felder und breiten Streifen aus Farbe einweben, die als Konturen mit vegetabiler Erinnerung, als Blätter und Kelche, über allem malerischen Geschehen zu schweben scheinen. Sie sind nur zu erkennen, wenn man den Bildern sehr [sehr] nahe kommt. Das ist wichtig. Denn in dem Sturm der Malerei, von dem ich anfangs sprach und den Simone Rosenow so überzeugend vorzustellen versteht, übernehmen diese feinen Lineaturen eine wichtige – erzählerische – Aufgabe. Diese Linien bringen Geschichten, Absichten und Ereignisse ins Bild, von denen wir Betrachter nichts ahnten, wenn wir nur im sicheren Abstand davor blieben und uns ihnen nicht auch – ein wenig – auslieferten.
Noch einmal Botho Strauß: „Der Grund allen Geschichtenerzählens ist die Vertreibung aus dem Paradies, das Erzählen kommt aus ursprünglichem Verlust. Wo kein verlorenes Paradies, wo kein goldenes Einst, dort kein Erzählen.“2 – Und kein Malen, möchte ich ergänzen.
Ich sagte, ich spräche lieber vom Verstehen, wie die Dinge [in] der Welt funktionieren; wie sich Leben lebt. Diese feinen Linien auf den Malereien von Simone Rosenow erzählen mehr noch als die darin auffindbaren Zitate genau davon.

Das ECHO. Was bleibt? Was hallt wider? Was geben diese Bilder uns Einzelnen, zurück? Nun nichts, was wir nicht selbst erlebt, nicht selbst gelebt und nicht selbst verloren hätten. Bilder wie sie Simone Rosenow malt, sind, bei allem autobiographischen Zutun der Künstlerin, mehr noch geeignet, ihrem Betrachter etwas über sich selbst zu entlocken.
Ein Bild zu interpretieren heißt, es mit den eigenen Erfahrungen zu spiegeln. Nur aus diesem Grund gefallen uns Bilder oder nicht. Mir gefallen die Bilder von Simone Rosenow.
Das bleibt.

Stefan Skowron

Potsdam und Hildesheim, im Juli 2021
1 Botho Strauß, Oniritti Höhlenbilder, Carl Hanser Verlag, München 2016, S. 24.
2 A.a.O., S. 101.


Rede (Ausschnitt) von Stephan Orths, 2015


Rede (Ausschnitt)

von Stephan Orths, Vernissage im STiMM.PUNKT (Freiburg), 25.10.2015

..„In meiner Arbeit werden Papier und Leinwand zum Tanzboden für Bewegung und Klang“, ist ein außergewöhnliches Zitat aus dem künstlerischen statement von Simone Rosenow.
Das zentrale Thema ihrer Zeichnung sei Rhythmus als unmittelbarer Ausdruck unseres Lebens, als Verbindung von Raum und Zeit, heißt es darin weiter. Dabei kommt mir ein Text des Meditationslehrers Dieter Mittelsten-Scheid in den Sinn:   Stille in einer lauten Welt. Der Klang des Lebens ist ein Geschehen im Jetzt.
Er erklingt im weiten, strahlenden Raum der Stille, die uns auch jetzt umgibt. Denn Stille ist immer da, auch wenn es in uns oder um uns herum laut ist. Stille ist der Raum, in dem alle Geräusche, alle Klänge, alle Gesänge und alle Worte hörbar werden, und in dem sie wieder verklingen. Sie ist der Raum vor den Formen, die Geburtsstätte der Formen. Stille ist klarer als klarstes Wasser, sie ist durchsichtiger als ein geschliffener Kristall. Ohne den Raum, in dem die Töne verklingen, ohne die Pausen zwischen den Akkorden gäbe es keine Musik. Stille macht hörbar und sichtbar.

Simone Rosenow beschreibt ihren künstlerischen Schaffensprozess als harte Auseinandersetzung mit sich selbst. „Es guckt dich halt alles an, was Du machst: der Strich, die Farbe, die Form, die Fläche“.
Wenn es “wieder soweit“ ist, fühlt es sich zunächst fast an wie eine Grippe, sagt sie. Aber auch etwas Zwangsläufiges, was sich immer wieder seine Bahn bricht. Im Tun dann gewänne die Freiheit zu gestalten, in Beziehung zu setzen, zu übermalen, allerdings regelmäßig die Oberhand. Sie lässt sich dann auf einen künstlerischen Dialog mit dem entstehenden Werk ein. Ein Dialog, der oft lange Zeit - oft auch Jahre - in Anspruch nimmt - immer wieder neue Anläufe verlangt und so ihrem Anspruch zunehmend gerecht wird, etwas Rundes zu schaffen. Etwas Rundes , das im Gegensatz steht zu kurzfristiger Verliebtheit. Eine mühsame aber schöne Reise, seufzt sie.

Nach einer Neuausrichtung ist es dann 2014 – aus heutiger Sicht erfreulicher weise - „wieder soweit“. Zunächst hatte sie die Idee, ihre damals sehr präsente Wut - sogar Angst - in Farbe auszudrücken. Sie hatte erwartet, dass ihr diese Lebensthemen in starken, großen Farben auf der Leinwand wieder begegnen würden. Zu ihrer eigenen Verwunderung führte der Dialog-Prozess mit Farbe, Fläche und Strichen jedoch zu den hier zu bewundernden leichten, zarten, fast zärtlich wirkenden Werken. Rückblickend erinnert sie die Farbe rosa als Farbe des Schmerzesund weist in diesem Zusammenhang auf ein Text der südafrikanischen Künstlerin Marlene Dumas:

Farbe
Eigentlich weiß ich nicht viel über Farbe
ich verwende sie intuitiv.
Eigentlich weiß ich nicht viel über Rassismus
mein Wissen reicht nicht mal unter die Haut.
Was willst Du damit sagen, fragt er.
Ach, sagt sie, wusstest Du nicht:
Durch jede Narbe schlägt ein Rosa durch.

Als Simone Rosenow 1989 in Hildesheim ankam, entschloss sie sich zu einem Graphik-Design Studium.   Als Schwerpunkte wählte sie damals Aktzeichnen und später im Hauptstudium vor allem Kalligraphie.
Die zentralen Fragen entwickelten sich damals und schimmern auch in ihren heutigen Werken durch: Wie komme ich nach dem Abzeichnen des Aktes auf einer Fläche zum Bild? Noch verstärkt wurde diese Frage von den kalligraphischen Herausforderungen des Anordnens von Buchstaben, Zeilen und Zwischenräumen auf einer Fläche.
Und: wie gelingt es mir die unwillkürlichen Bewegungen des menschliche Models im Verlauf des Gezeichnet-Werdens, ins Portrait mitaufzunehmen? Aus der Entdeckung, dass Schreiben Bewegung auf dem Blatt hinterlässt, entwickelt sich schließlich der Wunsch, sich auch körperlich mit dem werdenden Werk auseinander zu setzen. Schreiben und Kritzeln verlangen die gleiche Körperbewegung und verlangen einen Rhythmus. In der Folge hat Simone Rosenow viel zu Musik gearbeitet. Sie beschreibt ihren Malstil als tänzerisch und stellt immer wieder Bezüge zu Musik, Rhythmus und Bewegung her, wie das Eingangs-Statement ja schon ahnen ließ.
Eine Verbindung, die auf ihren Bildern in den wie tanzend angelegten Formen, Flächen und Strichen für uns Betrachtende tatsächlich sehr erlebbar wird. Mit leichter Hand und feinem Strich, gepaart mit dem ihr eigenen Schwung - aus Formen, Farben - aus Kritzeln und Krakeln setzt sie das Bild in Bewegung....

Ihr starker und lebenslanger innerer Antrieb, Bilder zu malen und ihr Mut „Rauszulassen, was in mir geschieht“ stellen Kraftquellen dar, die es ihr heute – gepaart mit den unterschiedlichsten Erfahrungen ihres Lebens - ermöglicht, sich auf einen bewegten, schöpferischen Dialog einzulassen. Dieser Dialog ist - wie eine Tanz - bereit, sein Wesen im Jetzt des Schaffens zu entfalten. Und er findet damit im Hier und Jetzt des Schaffens Anschluss an das, was wir im Vorfeld als die kreative Stille hervor gehoben haben. Dazu nutzt Simone Rosenow als Anregung und Auftakt in den Dialog auch immer wieder gerne z.B. Bucheinbände oder Textfetzen - und neuerdings tatsächlich auch alte Schulkarten....

Es reizt mich, den ursprünglichen Plan zu überarbeiten bzw zu meinem eigenen zu machen, eröffnet sie. In diese Richtung bietet ihr die Schulkarte als Darstellung und auch als Erinnerungsträger reichhaltige Verbindungen und Gestaltungsmöglichkeiten. ... geradezu Herausforderungen in den Dialog einzusteigen und ihn weiter zu führen mittels eigenen Dialogbeiträgen wie übermalen, hervorheben, durchscheinen lassen, zerstören.
Oft tanzen ihre Formen, Farben und Striche ihren Tanz auf weißem Grund. Umso mehr schwebend und leicht und doch in ausdrucksvoller Beziehung. In einem für ihre Arbeit so charakteristischen ausdrucksstarken Miteinander gewinnen die Elemente vor diesem weißen Hintergrund ... Freiheit.
Für mich repräsentiert das Weiß in ihren Werken die Beziehung zur allumfassenden Stille.    

Der Höhepunkt des künstlerischen Dialogs ist für Simone Rosenow dann erreicht, wenn sich jemand angesprochen fühlt. Dann fängt eine Geschichte an, schwärmt sie, eine lange Reise, die nie zu Ende ist.
In diesem Sinne haben wir als Betrachter, die bereit sind, uns bewegen zu lassen, die Chance an dem Schaffensdialog teilzuhaben und unseren eigenen Tanz weiterzuführen.

Das Bild - das künstlerische Werk - ist allerdings auch immer die Grenzfläche zweier Wirklichkeiten. Die eine Wirklichkeit ist die Melodie des Schöpfungsaktes - dieser schöpferische Dialog, von dem bereits Rede war, im Laufe dessen das Werk entsteht. Diese erste Wirklichkeit, die sich im Jetzt entfaltet und verklingt. Es bleibt für den Betrachtenden Geheimnis, wie genau sie erklungen ist. Und Simone Rosenow möchte dieses Geheimnis auch wahren.
Die andere Wirklichkeit liegt in der Welt der Betrachtenden. Diese Wirklichkeit, die sich aus unserem biographischen Erfahrungshintergrund bildet, mit all seinen Erinnerungen, Konditionierungen und Assoziationen, die automatisch in jede Beschreibung einfließen. Oft hören wir dort eine innere Stimme, die vor allem vergleicht, abwägt, analysiert und dann gerne schnell bewertet. Wie leicht verbindet sich unsere Achtsamkeit mit dieser Ich-Welt.....
In der Ich-Welt rücken die Beschreibungen und Interpretationen des Wahrgenommenen oft in den Vordergrund der Aufmerksamkeit, und lassen damit die unmittelbar klingende Musik selbst, oder das Farbspiel der Formen und Striche, in den Hintergrund treten. Dieses Absorbiert-Werden von der Denkwelt mit ihren Bildern ist wie ein Vorhang, den es zu öffnen gilt, um in das direkte Lauschen und Sein einzutauchen.

Ich wage die Behauptung, dass die Bilder von Simone Rosenow, die sie heute sehen können, uns helfen, immer wieder frisch und direkt auf die Stille und die in ihr erklingende Musik mit all den Klängen des Lebens zu lauschen. Gestatten Sie sich und uns in die Unmittelbarkeit des Ertönenden einzutauschen. Fast so, als entstünde die Musik der Bilder durch unser Hören. Und im selben Moment wird die Stille wieder hörbar. Sie gibt der Musik und den Melodien den Raum und den Atem zu sein. Wir hören die Stille zwischen den klingenden Farben, in den Pausen und in den vibrierenden Krakeln.

Der Sufi Mystiker Rumi drückte es in seinem „Lied der Liebe“ so aus: Ganz im Geheimen sprachen der Weise und ich. Ich bat ihn: nenne mir die Geheimnisse der Welt. Er sprach: Schweig… Und lass dir von der Stille die Geheimnisse der Welt erzählen.

Den Bildern von Simone Rosenow kann man Lauschen. Man scheint eingeladen, mittels Horchen in Beziehung zu Treten ... zum Sein!?!?